Viele Menschen klagen über Verdauungsprobleme, für die trotz aufwendiger Untersuchungen oft keine Lösung gefunden wird. Im Bereich der Naturheilkunde spielte die Darmflora schon immer eine große Rolle, vielleicht sogar die Hauptrolle. Die richtige Zusammensetzung der Darmflora hat eine besondere Bedeutung für Gesundheit und Wohlbefinden von Mensch und Tier.
Diese Erkenntnisse der Naturheilkunde werden mittlerweile auch von der medizinischen Wissenschaft durch intensive Forschung bestätigt, denn in den letzten 15 – 20 Jahren hat sich etwas Entscheidendes verändert: die Möglichkeiten der molekulargenetischen Sequenzierung (DNA-Analyse) haben dazu geführt, dass das Mikrobiom – die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die uns besiedeln – umfassend untersucht werden kann.
Ich freue mich sehr, dass die Mikrobiomwissenschaft durch intensive Forschung nach und nach die zentrale Bedeutung des Darms bestätigt. Ich besuche mehrmals im Jahr internationale Kongresse und profitiere in hohem Maße von den aktuellen Forschungsergebnissen.
Ist die Zusammensetzung und Dichte unserer nützlichen Darmbakterien durch Medikamente wie Antibiotika, Cortison, aber auch durch Stress u.v.m. deutlich verändert, spricht man von einer Dysbiose, einer Fehbesiedlung: zu wenige nützliche Darmbakterien und zu viele krankmachende Keime. Dies kann massive Auswirkungen auf die Gesundheit des Darmes, des Immunsystems und schließlich des ganzen Menschen haben.
Zum Thema der Auswirkungen von Antibiotika hier eine Buchempfehlung:
Prof. Dr. Martin Blaser, New York: Antibiotika Overkill, So entstehen die modernen Seuchen. ISBN 978-3451600234
Bitte beachten Sie: Das diagnostische Vorgehen wird nicht immer alle aufgeführten Untersuchungen umfassen. Es wird im Einzelfall entschieden, was sinnvoll und nötig ist.
1. Laboruntersuchung des Stuhls
Der Patient entnimmt zuhause nach Anweisung etwas Stuhl und schickt ihn ins Labor, sodass dort die Zusammensetzung der Darmflora, der Zustand der Darmschleimhaut sowie die Aktivität des Immunsystems analysiert werden können.
2. Laboruntersuchung des Blutes
Ergeben sich Hinweise auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten, so wird bei uns in der Praxis Blut entnommen, ins Labor geschickt und untersucht, beispielsweise auf IgG-vermittelte Nahrungsunverträglichkeiten, IgE-vermittelte Allergien sowie viele weitere Parameter der klinischen Chemie. Das Ergebnis dieser Befunde führt zu sehr spezifischen und individuellen Ernährungsempfehlungen.
3. Klinische Untersuchung
Eine Untersuchung des Bauches durch Abtasten, Abhören, Beklopfen und Anschauen kann weiteren Aufschluss über den Zustand der inneren Organe geben, und kann je nach Verdachtsmoment auf die Notwendigkeit weiterführender internistischer Untersuchungen hinweisen.
4. Urinfunktionsdiagnostik
Eine spezielle Untersuchung des Urins kann Aufschluss geben z.B. über lymphotoxische Belastungen im Darm, Belastungen durch falsche Ernährung oder Medikamente o.ä. (siehe UFD und ALH), Auswirkungen auf die Darm-Leber-Achse und andere Organe.
5. Es geht auch mal ohne Untersuchungen
In bestimmten begründeten Fällen kann auf tiefer gehende Diagnostik verzichtet werden, z.B. wenn der Patient bereits ausführliche Befunde mitbringt oder wenn die Symptomatik sehr eindeutig und aufschlussreich ist. Dann kann unmittelbar mit der Therapie begonnen werden.
1. Probiotika
pro bios = für das Leben
Probiotika sind lebensfähige und vermehrungsfähige nützliche Darmbakterien, die uns einen gesundheitlichen Nutzen bringen können.
Die Zusammenstellung nützlicher Darmbakterien in Form von Probiotika kann helfen, eine möglichst rasche Wiederbesiedlung des Darmes mit nützlichen Bakterien zu erreichen. Dies geschieht vor allem mit Keimen humanen Ursprungs. Das veränderte Milieu im Darm führt zu einer Veränderung der Darmflora-Zusammensetzung und nach einiger Zeit wieder zu einer Eubiose (regelrechte Besiedlung des Darms). Dabei ist es wichtig, indikationsbezogene, also ganz auf das jeweilige „Thema“ zugeschnittene Probiotika einzusetzen, um möglichst rasch zum Erfolg zu kommen. Ich arbeite ausschließlich mit wissenschaftlich erforschten und medizinisch relevanten Probiotika.
2. Präbiotika
Dies ist „das Futter“ für die guten und lebenswichtigen nützlichen Darmbakterien, auch für die Bakterien, die wir nicht als Präparate zu uns nehmen können, wie z.B. Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii. Präbiotika können helfen, wichtige Keime anzufüttern, um die schützende Schleimschicht des Darmes wieder aufzubauen und das Immunsystem zu stärken. Es kann sich hier um Substanzen handeln wie Fructooligosaccharide und Oligosaccharide, aber auch andere. Sie kommen v.a. bei extrem O₂-empfindlichen Keimen (Anaerobiern) zum Einsatz.
3. Nahrungsergänzung
Je nach vorliegender Erkrankung oder Symptom kann der Einsatz von Nahrungsergänzung sinnvoll oder gar notwendig sein. Hierbei achte ich auf Präparate, die eine besondere Zusammensetzung aufweisen, mineralischen oder pflanzlichen Ursprungs sind und möglichst aus biologischem Anbau stammen.
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